Mittwoch, Juni 24, 2009

PROTAGORAS 329 - 339

PROTAGORAS 329 - 339

Protokoll zum 22.Juni 2009 von Svea Oberg

1.)Wiederholung der letzten Stunde und nähere Betrachtung der jüdisch- christlichen Schöpfungsberichte und des griechischen Schöpfungsmythos in der Fassung Protagoras-Platon


Christliche Vorstellung: Zunächst war alles wüst und leer, dann schied Gott Licht von Dunkelheit, Wasser und Land und schließlich wird der Mensch aus Erde geformt.
(1. Adam / Mensch 2.) Eva / Mutter)
Kommentare im AT zur Schöpfung: „Und er sah, dass es sehr gut war.“ Mensch als eine Art Krone der Schöpfung. Mensch benennt die Geschöpfe.

Griechische Vorstellung: Die Schöpfung vollzieht sich in mehreren Etappen.
Am Anfang herrscht ebenso Chaos, aus diesem entstanden die ersten Götter. Zeus setzt sich als Göttervater durch und Menschen und Tiere werden im Inneren der Erde geschaffen. In einer zweiten Phase sollen zwei Titanen Prometheus und Epimetheus das Halbprodukt fertig stellen. Hierbei unterläuft dem Epimetheus ein Fehler. Er verteilt alle lebensnützlichen Eigenschaften unter den Tieren und vergisst dabei den Menschen. Im Gegensatz zu der christlichen Vorstellung erscheint der Mensch hier als ein Restprodukt. In der dritten Phase bekommen die Menschen als Ausgleich Feuer und produktive Technik, damit umzugehen. In der vierten und letzten Phase kommt es in der Stadt , in der die Menschen nun zusammen wohnen, zu Tumulten und Unordnung. Zeus schreitet ein und verleiht den Menschen Respekt und Recht. Als Hermes sich erkundigt, ob dies nur den Personen gegeben werden soll, die schon Talente haben, wird dieses verneint. Alle Menschen erhalten diese Gabe.

2.)Diskussion über die Einheit der Tugend

Nachdem Protagoras betont hat, dass Tugend durchaus lehrbar ist, regt Sokrates eine wichtige Frage an: (329c) Bildet die Tugend eine Einheit mit Gerechtigkeit, Selbstbescheidung und Frömmigkeit als Teilen oder handelt es sich bei diesen nur um verschiedene Bezeichnungen für ein und dieselbe Sache?
Protagoras Antwort: „Das Gut-Sein ist eine Einheit, und die Eigenschaften, nach denen du fragst, sind Teile davon.“ (329d)
Protagoras vertritt folglich die Meinung, dass kein Teil der Tugend dem anderen gleicht.

Sokrates leitet daraufhin folgende Frage an Protagoras ein, mit der er seine Meinung unterstreichen, dass die Teile der Tugend durchaus das Gleiche oder zumindest sehr ähnlich sind: „Frömmigkeit ist also nicht so etwas, dass sie gerecht ist, und auch nicht die Gerechtigkeit so, dass sie fromm ist, sondern nicht fromm? Und die Frömmigkeit ist so, dass sie nicht gerecht ist, vielmehr also ungerecht, die Gerechtigkeit dagegen unfromm?“ (331 a und b) Mit dieser provokativen Stellungsnahme möchte Sokrates in erster Linie Protagoras mit einer Gegenposition konfrontieren. Seinen eigenen Standpunkt formuliert er jedoch nicht eindeutig.
In einer zweiten Phase gelingt es Sokrates über ein Beispiel der Weisheit und Vernünftigkeit herauszuarbeiten, dass diese beiden Teile der Tugend identisch sind und somit Protagoras These, dass alle Elemente des Gut-Seins sich voneinander unterscheiden, nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.
Sokrates weiterer Versuch auch die Vernünftigkeit und die Gerechtigkeit als identisch auszuweisen kommt nicht in Gänze zu Stande, da Protagoras aus dem Dialog ausbricht und sich in lange Überlegungen über das Nützliche und Gute verliert.

3.)Methodenstreit - lange Diskussionen versus präzise Antwort

Sokrates fordert Protagoras auf, seine Antworten präziser und knapper zu formulieren: „Begrenze für mich den Umfang deiner Antworte und mache sie kürzer, wenn ich dir folgen soll.“ (334d) Es entbrennt eine feurige Diskussion, in der sich Protagoras zunächst weigert, die Regeln des Gegenredners zu akzeptieren und Sokrates schließlich Anstalten macht ,die Diskussion zu beenden und die Räumlichkeiten zu verlassen.
Einige Männer stellen Schlichtungsversuche an und machen weitere Vorschläge für eine gelungene Diskussion, beispielsweise einen Gesprächsleiter zu wählen. (338 a und b). Schließlich einigt man sich darauf, dass alle gemeinsam die Aufgabe des Leiters übernehmen und Protagoras zunächst die Fragen stellen soll, auf die Sokrates so antwortet (folglich also kurz und präzise), wie er es für angemessen hält.

So ist es Protagoras, der die erste Frage stellt, die sich auf das Wichtigste – die Dichtkunst bezieht und die Tugenden auf diesem Gebiet diskutiert. (ab 339 b)

Freitag, Juni 19, 2009

Protagoras: Abschnitte 314c - 327

Protokoll 15.06.09 Raphael von Varendorff

ʾʿ ˜ Αα ά Ά Ββ Γγ g alpha beta gamma
Δδd Εεέ Έ Ζζcz delta epsilon zeta
ΗηήΉ ee Θθϑ th Ιιί Ί ij eta theta jota

Κκ 10 Λλ L Μμ kappa lamda mü
Νν Ξξ chs Οοό Ό vü xi omikron
Ππ p Ρρ r Σ σϛ pi rho sigma

Ττ Υυύ Ύ 20 Φφ ph tau ypsilon phi
Χχ ch Ψψ ps Ωωώ Ώ chi psi omega


Im Anschluss an den Abschnitt 314c machen sich Hippokrates und Sokrates auf den Weg zu des Kallias Haus, um dort Protagoras zu treffen. Dort angekommen sehen sie Protagoras, Kallias und weitere Anwesende durch die Säulenhallen wandeln und philosophieren.
Diese Situation stellen wir in unserem Seminar nach. Wir nutzen den Uni-Gang, um das Gefühl des Auf- und Ab-Flanierens - und dabei Philosophieren - selbst an Leib und Seele zu spüren.
In Abschnitt 316 beginnt nun das Gespräch zwischen Sokrates und Protagoras. Sokrates leitet das Gespräch ein, indem er Protagoras berichtet, dass Hippokrates gerne unter der Anleitung von Protagoras noch hervorragender und tüchtiger werden möchte. Protagoras spricht zunächst über eine Vielzahl von Künstlern, die eigentlich Sophisten sind, aber unter einem Deckmantel arbeiten. Er erwähnt unter anderem die Dichter Homer, welcher die Odyssee und Ilias schrieb, und Hesiod, der über die Entstehung der Götter berichtete, aber auch den Sänger Orpheus, welcher seine Frau aus der Unterwelt schon befreit hatte, dann aber durch ungeduldiges (zu frühes) Sich-Umsehen endgültig verlor. Sie alle stellen nach Protagoras eigentlich Sophisten dar, die diese Wahrheit nur zu verschleiern versuchen, um nicht als Sophisten zu gelten. Nicht so Protagoras. Er spielt mit offenen Karten. Vgl. auch Roth/Staude (hg.), Das OrientierungsLos, Konstanz 2008, darin: p. 67 ...
philopraxis.blogspot.com

Protagoras möchte jetzt auf Sokrates genauer eingehen und vor der versammelten Zuhörerschaft sprechen. Sokrates fragt Protagoras in welcher Form Protagoras den Hippokrates tüchtiger machen könnte [318]. Protagoras antwortet, dass er darum Bittende generell das lehren will, was sie wünschen, aber im Speziellen lehrt er die Menschen gute Staatsbürger zu sein. Daraufhin wiederholt Sokrates die Anfangsfrage aus dem Buch Menon [319]: Ist Tüchtigkeit lehrbar, ist es möglich diese weiterzugeben? Er legt einige Gegenbeispiele dar, und fordert Protagoras auf einen Nachweis seiner Fähigkeiten zu geben. Protagoras will zunächst mit einem Mythos (und nicht mit einer Erörterung , einem Logos) antworten [320-323]:
Prometheus und Epimetheus wurde von den Göttern aufgetragen die gottgeschaffenen Lebewesen mit den nötigen Kräften auszustatten. Diese Aufgabe übernahm Epimetheus. Alle (über)lebensnützlichen natürlichen Fertigkeiten verteilte er umsichtig auf die Tiere. Für die Menschen war nichts mehr da. Nun half Prometheus dem schwachen Menschengeschlecht, indem er von Athene und Hephaistos die (handwerkstechnische) Weisheit und das Feuer stahl und an die Menschen übergab. Für diese Tat wurde Prometheus von den Göttern bestraft. Die so ausgestatten Menschen lebten nun in Städten zusammen, um sich besser vor wilden Tieren zu schützen. Da die Menschen aber nicht miteinander zu Recht kamen und unterzugehen drohten, befahl Zeus dem Götterboten Hermes ALLEN Menschen das Gefühl der Rücksichtnahme und der Gerechtigkeit zu schenken. So hatten alle Menschen die staatsbürgerliche Einsicht erhalten und jeder Einzelne war legitimiert seine Meinung zur (politischen) Tüchtigkeit zu äußern. Im Gegensatz dazu waren andere Fähigkeiten, wie zum Beispiel die Baukunst, die Kunst des Musizierens usw. ungleich über die Menschheit verteilt. Somit ist es nach Protagoras nachzuvollziehen, warum die Athener einem Unwissenden der Baukunst bei diesem Thema nur wenig Gehör schenken, bei dem Thema der Tüchtigkeit hingegen schon.
Protagoras erläutert, dass die Menschen tatsächlich überzeugt sind, dass Tugend nicht nur ein Geschenk der Natur ist, sondern auch lehrbar ist, denn warum sonst sollten Übeltäter bestraft werden [324]. Menschen werden für ihr Fehlverhalten bestraft, weil der Glaube besteht, dass sie zukünftig anders – tugendhafter – handeln. Protagoras wirkt an dieser Stelle wie ein Mediator, der das Handeln der Athener analysiert.
In den Abschnitten 324-328 versucht Protagoras nun zu erörtern, warum es oft so scheint, also ob es hervorragenden Männern misslingt ihre Söhne tugendhaft zu erziehen. Zunächst stellt er klar, dass diese Männer dies nicht vorsätzlich tun, sondern schon bei der Geburt des Kindes dafür Sorge tragen, dass es mittels allerlei tugendhaften Künste erzogen wird. Das Kind bekommt Unterricht in der Gedichtkunst, der Musikkunst, der Kunst der Gymnastik, wie auch in den richtigen Umgangsformen. Durch diese Erziehung erlernen die Menschen die Tugendhaftigkeit und es lässt sich somit kaum daran zweifeln, dass sich die Tugend somit nicht lehren lässt. Allerdings hängt die Kunstfertigkeit des Einzelnen nicht von seinen Vater, sondern von seiner Veranlagung ab. So kann der Sohn eines begabten Flötenspielers nur ein mittelmäßiger Musiker, ein Sohn eines mittelmäßigen Flötenspielers ein hervorragender Musiker werden. Protagoras weist an dieser Stelle aber auch daraufhin, dass selbst der Untugendhafteste in dieser zivilisierten Gesellschaft tugendhafter ist als ein Laie der nie eine vergleichbare Erziehung genossen hat. Protagoras argumentiert, dass sich für einen Laien leichter ein Lehrer finden lässt, da der Schüler nicht so hohe Ansprüche an den Lehrer stellt. Wenn der Schüler allerdings bereits einige Fähigkeiten erworben hat, kommen nur noch wenige als Lehrer in Frage und dies ist der Grund warum Protagoras ein so hohes Honorar für seine Lehren erhält und verdient. Protagoras scheint den Grund des Misslingens der Weitergabe von herausragender Tugendhaftigkeit an die Söhne am Mangel von fähigen Lehrern festzumachen.

Dienstag, Juni 16, 2009

Wie heißt die Inschrift?




Zum Sommertreffen09 philopraxis.ch bringt Thomas Gutknecht dies Buch mit (Festschrift für Achenbach). Beim Blättern findet sich angefügter Text auf p. 212
- in einem Beitrag von Christoph Weissmüller, Vermittlung und Verantwortung.

Logos oder Mythos ?

Dienstag, Juni 09, 2009

Menon / Protagoras 8.6.2009

Sokrates – / – Protokollant: Tillmann Weißer

Die Sitzung wurde mit einer Reflexion über den Menon begonnen.
Im Menon preist Platon die Dialektik als den Weg des Lernens an. Lernen ist für ihn „sich erinnern“, da die Seele, die im immer wiederkehrenden Zyklus auf der Erde in einem Körper steckt, bis dieser stirbt, dann eine Zeit in einer Art Himmel/Hölle verbringt und schließlich in einen neuen Körper wiedergeboren wird, schon alles weiß. Sie muss also nichts mehr lernen, sondern sich nur über die in ihr ruhende wahre Meinung bewusst werden, indem sie diese begründet. Unklar bleibt dabei allerdings, wie die Seele, als sie noch nichts wusste, lernen konnte. Auch die moderne Forschung weist darauf hin, dass der Mensch irgendetwas von Geburt an mitbringen muss um etwas lernen zu können (vgl. z.B.: Piaget, Kognitive Entwicklung, http://www.edit.uni-essen.de/lp/kognitiv/piaget.htm); zum Beispiel die Fähigkeit, eine jede (Mutter-) Sprache zu lernen. Um sich wieder zu erinnern ist die Dialektik der geeignete Weg. Das zeigt Platon/Sokrates am Beispiel des Sklaven, dem er, durch (sehr) gezielte Fragestellungen, den Weg zur richtigen Lösung einer geometrischen Aufgabe weist.

Die Frage nach dem Wesen Sokrates’, wie ihn Platon im Menon beschreibt, ging unter. Eine stark charakterisierende Szene ist aber bestimmt die , in der Menon Sokrates als „Zitterrochen“ bezeichnet [80aff], der die Leute „an Mund und Seele betäubt“. Überdies hinaus wird auch schon im Menon klar, dass Sokrates sich gerne mit jungen Leuten unterhalten hat. Von seinen Mitbürgern wird er für einen Sophisten gehalten. Dies wird von der Frage des Menon [70a] impliziert. Die Frage nach der Lehrbarkeit der Tugend ist eine Frage, auf die man von den Sophisten eine Antwort erwarten konnte.

In der zweiten Hälfte der Sitzung wurde begonnen den Protagoras zu lesen. Der Dialog spielt in einer Zeit, in der der etwa 36-jährige Sokrates gerade erst am Anfang seiner „Karriere“ steht. Seine Schüler Alkibiades und Hippokrates sind etwa 18. Der später auftretende Protagoras, schon über 50 und eine Berühmtheit. Platon geht hier anachronistisch vor, das heißt, der Dialog kann so nicht stattgefunden haben.
[309a] Der Dialog beginnt mit einem Gespräch zwischen Sokrates und einem Anhänger. Dabei wird zunächst der neuste Tratsch ausgetauscht. Sokrates scheint in Alkibiades verliebt zu sein, der doch wohl schon fast ein wenig zu alt ist. Bald schon nimmt das Gespräch aber eine andere Wendung. Sokrates hat nämlich jemanden getroffen, über den er Alkibiades fast vergessen hätte. Ihm erscheint die Weisheit des Protagoras viel schöner, als die Schönheit des Alkibiades. Daraufhin wird Sokrates aufgefordert von seiner Begegnung zu berichten. Wir schlüpfen in die zweite Erzählebene. [310a] Sokrates erzählt, von seinem Gespräch mit Hippokrates, der am frühen Morgen aufgeregt in sein Schlafgemach stürmt, um ihm von der Ankunft des Protagoras zu berichten. Sokrates weiß dies natürlich schon längst und mahnt seinen Schüler dazu nicht überstürzt zu handeln, weil der am liebsten sofort sein ganzes Geld und das seiner Freunde dafür aufbringen würde, um von Protagoras unterrichtet zu werden. Zuerst müsse man sich darüber bewusst werden, was man im Begriff ist werden zu wollen, wenn man sich einem Menschen wie Protagoras anvertraut. Hippokrates antwortet, dass so wie wenn man Arzt werden will, wenn man sich einem Arzt zur Ausbildung anvertraut, und Bildhauer, einem Bildhauer, so will man wohl Sophist werden, wenn man sich Protagoras anvertraut. Da schließt sich natürlich sofort die Frage an, was denn ein Sophist ist. Weder Hippokrates noch Sokrates wissen darauf eine Antwort. Das Problem ist, dass jeder Fachmann ein Fachgebiet hat, über das er fähig ist zu sprechen. Der Sophist scheint jedoch kein Fachmann auf irgendeinem Gebiet zu sein, trotzdem gibt er an, fähig im Reden zu machen. Nun wird klar, in welche Gefahr Hippokrates sich stürzen wollte. [312c] Er war im Begriff seine Seele aufs Spiel zu setzten. Mit Kenntnissen, die der Seele zukommen verhält es sich nämlich nicht so wie mit Lebensmitteln, die man von einem Großhändler kaufen, vor dem Verzehr aber durch einen Fachmann begutachten lassen kann. Kenntnisse, die man erwirbt, werden direkt der Seele zuteil und richten dort ihre Wirkung an. Man kann also vorher nicht prüfen, ob diese Ware schädlich oder förderlich ist. Hippokrates und Sokrates beschließen, dass es am sinnvollsten ist, zum Protagoras zu gehen und anzuhören, was er zu ihren Befürchtungen zu sagen hat. [314c]

Sonntag, Juni 07, 2009

PR Πρωταγόρας


ʾʿ ˜ Αα ά Ά Ββ Γγ g Δδd Εεέ Έ Ζζcz ΗηήΉ ee Θθϑ th Ιιί Ί ij Κκ 10 Λλ L Μμ Νν Ξξ ch Οοό Ό Ππ p Ρρ r Σ σϛ Ττ Υυύ Ύ 20 Φφ ph Χχ ch Ψψ ps Ωωώ Ώ




Protagoras, gr. Πρωταγόρας, aus Abdera in Thrakien (* 490; † 411 v. Chr.) war ein vorsokratischer Philosoph der griechischen Antike und zählt zu den bedeutendsten Sophisten. Er verbrachte den Großteil seines Lebens in Athen, fiel später wegen seiner Lehren bei der Volksversammlung in Ungnade und wurde verbannt. Auf der Flucht nach Sizilien starb Protagoras, seine Schriften wurden vernichtet.


* Lehre
* Rezeption

* Literatur

Lehre

Protagoras lehrte, dass der Mensch zwar von Natur aus danach strebe, eine Religion auszuüben und einer staatlichen Gemeinschaft anzugehören, aber deren Gestaltung ihm selbst überlassen sei. Für Protagoras gab es keine allgemein gültige und verbindliche, sondern nur eine subjektive Wahrheit.

Er prägte den berühmten Satz: Der Mensch ist das Maß aller Dinge, der Seienden, dass sie sind, und der Nichtseienden, dass sie nicht sind (auch bekannt als Homo-Mensura-Satz). Der Homo-mensura-Satz des Protagoras wurde bereits von seinen zeitgenössischen religiösen Widersachern als Ausdruck eines extremen epistemischen Relativismus gedeutet. Außerdem beschäftigte er sich mit dem Sein der Menschen: Das Sein der Menschen ist subjektiv und wandelbar.

Seine zahlreichen von antiken Autoren erwähnten Schriften sind heute verloren. Unser Wissen über Protagoras' Lehre beruht daher nur auf Berichten anderer antiker Quellen. Einer dieser Berichte stammt von Sextus Empiricus, welcher den Homo-mensura-Satz folgendermaßen erläutert (ob diese Erläuterung von Protagoras selbst stammt ist umstritten, dennoch gibt sie wichtige Hinweise zur Interpretation des Satzes): Protagoras meine, dass sich "die Begriffe (logoi) von allen Erscheinungen in der Materie fänden, so dass die Materie als solche alles sein könne, was sie allen scheine. Die Menschen indes erfassten bald dieses, bald jenes, entsprechend ihren verschiedenen Zuständen." Laut Sextus' Bericht ist Protagoras zwar ein Vertreter des Subjektivismus und Relativismus, doch der Einfluss des Eleatismus, der eine objektive Wahrheit annimmt, ist deutlich, da die Spanne aller Erscheinungsmöglichkeiten eines Objektes in diesem selbst (d.h. in dessen Materie) angelegt ist. Der Mensch nimmt (wie durch einen Filter) aber nur eine Erscheinungsmöglichkeit wahr. So ist der gleiche Wind für den einen kalt, für den anderen warm. Wärme und Kälte liegen aber im Wind begründet, nicht im Menschen.

Protagoras ist einer der ersten prominenten Vertreter des Skeptizismus bzw. des Agnostizismus. In seiner um 415 v. Chr. geschriebenen Abhandlung "Über die Götter" schreibt er: Was die Götter angeht, so ist es mir unmöglich, zu wissen, ob sie existieren oder nicht, noch, was ihre Gestalt sei. Die Kräfte, die mich hindern, es zu wissen, sind zahlreich, und auch ist die Frage verworren und das menschliche Leben kurz.

Rezeption

Aufgrund seines Bekenntnisses, nichts über die Götter wissen zu können, ist es Protagoras auch unmöglich, irgendwelche göttlichen Maße oder Bewertungen göttlichen Ursprungs anzugeben. Darum ist sein Homo-mensura-Satz der Ausdruck menschlicher Bescheidenheit, als Mensch nicht über göttliche Maßstäbe verfügen zu können, sondern ausschließlich über menschliche. Protagoras wurde seine Bescheidenheit von der Antike an bis heute als Überheblichkeit ausgelegt, allerdings von solchen Denkern, die der Ansicht waren, dass ihnen sicheres Wissen zugänglich sei. Dies gilt für Platon und Aristoteles ebenso wie für ungezählte christliche Theologen.[1]

Platon erwähnt ihn im „Theaitetos“ (152a) und widmet ihm den Dialog Protagoras, in dem er im Gespräch mit Sokrates einen Schöpfungsmythos der Menschheit formuliert, der als mythische Einkleidung einer Demokratietheorie verstanden werden kann.

Siehe auch

* Euathlon
* Relativismus
* Subjekt
* Radikaler Konstruktivismus

Literatur [Bearbeiten]

* Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker. Fragmente und Quellenberichte.
* Hermann Diels, Walther Kranz: Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und Deutsch. 3 Bände.
* Detlef Staude, Das Gastmahl des Euripides, (Euripides, Protagoras, Sokrates, Aspasia) - in: Roth/Staude 2008, Das OrientierungsLos. Philosophische Praxis unterwegs,
Konstanz 2008


Wikiquote Wikiquote: Protagoras – Zitate

* Literatur von und über Protagoras im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Protagoras • PICA-Datensatz • Einträge im Musikarchiv)
* Carol Poster: Eintrag in der Internet Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
* Der Protagoras-Dialog Platons in der Übersetzung von F. Schleiermacher
* Gottwein, Textauswahl zur Vorsokratischen Philosophie

MENONe(nd)

Kurs: Sokrates
Protokollantin: Eva Huber
Datum: 25.05.09

Organisatorisches: Ab nächster Sitzung wird Protagoras von Platon gelesen (1708 Reclam).

1) Resümee der vorigen Seiten:
Menon fragt ob Gutsein gelehrt werden kann. Anytos, der Sohn des Anthemion, welcher sein Vermögen durch Klugheit und Umsicht erworben hat, beteiligt sich an dem Gespräch. Sein Vater gilt als bescheidener, umgänglicher Mann und hat auch seinen Sohn gut erziehen lassen. Sokrates fragt ihn, ob man jemanden der etwas erlernen soll nicht zu jemandem schicken soll der behauptet dieser Sache mächtig zu sein und Geld dafür nimmt es zu unterrichten, also einem Lehrer. Dafür schlägt er die Sophisten vor. Sie bieten sich als Lehrer an und tun dies, wie das Beispiel von Protagoras zeigt, auch recht erfolgreich.
Anytos widerspricht Sokrates und weist statt dessen auf die vielen guten Männer in Athen hin von denen Menon lernen könnte. Sokrates widerlegt ihn anhand von mehreren Beispielen und zeigt, dass viele gute Männer es nicht geschafft haben aus ihren Söhnen ebenfalls gute Männer zu machen.

Text ab Seite 79:

2)Gibt es Lehrer für Gutsein?

Sokrates (Σωκράτης ) stellt fest, dass die rechtschaffenen (Staats)Männer im Staat sich nicht darüber einig sind ob Gutsein gelehrt werden kann oder nicht und dass sie deshalb auch keine Lehrer dafür sein können. Als Beispiel dafür, dass sich auch andere uneinig sind, führt er den Dichter Theognis an, der schrieb: „von den Tüchtigen lernt man Tüchtiges“(S.79), in anderen Zeilen aber behauptet; „durch Lehre machst du den schlechten Mann nicht gut“ (S.81). Er schließt daraus, dass weder die Sophisten noch die Rechtschaffenen Lehrer für Gutsein sein können. Es gibt also keine Lehrer für Gutsein, und damit auch keine Schüler. Damit kann Gutsein auch nicht gelehrt werden, nicht lehrbar sein.

3) Auf welche Weise werden Männer gut?

Gute Männer müssen nützlich sein und sind nützlich wenn sie politisch richtig führen. Sokrates fügt hinzu, dass zum richtigen Führen wohl ebenso überlegtes Handeln gehört. Am Beispiel des Führers nach Larisa, der Menschen richtig führen kann, ohne den Weg schon einmal gegangen zu sein, solange er eine richtige Meinung vom Weg hat, zeigt er jedoch, dass der Weg nicht nur durch das überlegte Handeln eines Mannes, der den Weg schon einmal gegangen ist, gefunden werden kann, sondern ebenso durch eine wahre (richtige) Meinung.
Menon fragt daraufhin, warum "Wissen" so viel schätzenswerter ist als als "richtige Meinung". Sokrates erzählt ihm daraufhin von den Statuen des Dädalus. Man sagt, seine Werke würden so lebensecht aussehen, dass sie davonfliegen würden, wenn man sie nicht anbinde. Genauso verhält es sich mit richtiger Meinung. Sie muss angebunden werden durch begründete Argumentation, wodurch sie zu Wissen wird. Dabei handelt es sich dann um Wiedererinnerung. Da Wissen nicht entschwindet, ist Wissen wertvoller als richtige Meinung.
Für das richtige Handeln ist "richtige Meinung" jedoch nicht schlechter als Wissen. Man kann durch beides nützlich sein (und damit gut), aber keines von beiden kann man von Natur aus (φύσει → Physei) haben.
Da man diese Eigenschaften nicht von Natur aus hat, muss man sie anders erhalten. Sokrates und Menon fanden, dass Gutsein gelehrt werden könne, wenn es ein Wissen ist. Aber da es keine Lehrer gibt, kann Gutsein weder gelehrt werden, noch ein Wissen sein.

Sie stimmen schließlich darin überein, dass Gutsein etwas Gutes ist, und das „was richtig leitet, nützlich und gut ist“(S.89). Richtig leiten kann dabei nur richtige Meinung und Wissen. Zusätzlich fassen sie zusammen, dass Gutsein, da es nicht gelehrt werden kann, nicht durch Wissen entstehen kann. Demnach leiten gute Männer wie Themistokles den Staat nicht aufgrund von Wissen und können andere nicht zu guten Männern machen, da sie es selber ja nicht durch Wissen geworden sind. Dadurch steht fest, das man nicht durch Wissen klug wird, wodurch nur noch richtige Meinung übrig bleibt.

Da Männer, welche die Staatsgeschäfte nur mit richtiger Meinung in Ordnung halten, dabei nicht überlegen, und doch richtig liegen, unterscheiden sie sich nicht von Orakeln und Wahrsagern, und können deshalb als göttlich bezeichnet werden, ob sie Verstand haben oder nicht. Also fällt Gutsein durch göttliche Schickung einigen Menschen eben zu.
Sokrates erklärt Menon, dass sie erst Genaues darüber wissen würden, wenn sie die Frage, was Gutsein selbst eigentlich ist, untersucht hätten. Danach verabschiedet er sich von Menon und uns.

Der Vorhang fällt - und manche Frage offen?